Umfrage zeigt: Mehrheit lehnt ein Prostitutionsverbot ab

Sexarbeiter haben in Deutschland auch heute noch mit Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung zu kämpfen. Daher drängt sich die Frage auf: Wie steht die Gesellschaft eigentlich konkret zu Prostitution? Das Huren-Portal Erobella hat in einer repräsentativen Studie nachgefragt.

Für vier von fünf gehört Prostitution schon immer zur Gesellschaft dazu

Befragt wurden rund 1.000 Männer und Frauen zwischen 18 und 69 Jahren, wie sie die allgemeine Situation von Sexarbeitern in Deutschland beurteilen, was sie über Zwangsprostitution denken und ob sie ein generelles Verbot von Prostituion befürworten würden. Die Umfrage wurde Ende August 2022 durchgeführt.

Ergebnis: 77 % der Befragten sagen, dass Sexarbeit schon immer Teil der Gesellschaft war. Nur 7 % lehnen diese Auffassung ab. Mit 81 % sind sogar noch mehr der Meinung, dass es in Zukunft zur Gesellschaft dazugehören werde, selbst wenn das aktuell noch nicht der Fall sein sollte.

Blonde Prostituierte im Bett
Foto: OLJ Studio – Shutterstock.com

Die Studie zeichnet also ein Bild, in dem die Menschen hierzulande käuflicher Liebe aufgeschlossen gegenüber stehen. Ein großer Zuspruch, der sich auch daraus erklären könnte, dass immerhin 14 % der Umfrageteilnehmer angeben, schon mal erotische Dienstleistungen in Anspruch genommen zu haben.

Auf der anderen Seite besteht allerdings auch ein Bewusstsein für die Vorurteile, denen Sexarbeiter weiterhin ausgesetzt sind. So stimmt die eindeutige Mehrheit (78 %) dem Satz „Viele Sexarbeiter haben mit gesellschaftlicher Diskriminierung zu kämpfen” zu. Gerade einmal 5 % sind der Ansicht, dass Sexarbeiter in der heutigen Zeit sozial nicht mehr stigmatisiert und geächtet werden.

Zwangsprostitution? Ein Drittel machen sich Sorgen

Sexarbeit ist kein Job wie jeder andere, sondern ein heikles und sensibles Thema. Ein offener Umgang damit ist deshalb schwierig.

Das meinen auch rund ein Drittel der Befragten, die sich Sorgen machen, dass der Einstieg in den Bereich der Sexarbeit selten freiwillig passiert. Also Zwangsprostitution auch heute noch ein Thema sei.

Dennoch sagen 65 % der Teilnehmer, dass kein Unterschied zwischen Sexarbeit und anderen Jobs gemacht werden sollte. Wer sexuelle Dienstleistungen anbietet, sollte für seinen Beruf nach Ansicht der Befragten also genauso wie Arbeitnehmer in anderen Berufsgruppen behandelt werden. 14 % lehnen eine Gleichbehandlung hingegen ab.

35 % sehen eine positive Entwicklung der Situation von Sexarbeitern

Auch wenn die Situation von Sexarbeitern in Deutschland immer noch verbesserungswürdig ist, sei in den vergangenen Jahren eine positive Entwicklung sichtbar. Dieser Meinung sind 35 % der Befragten. 17 % können hingegen keine Veränderung zum Positiven erkennen.

Zudem sagen 42 %, dass Sexarbeiter in der heutigen Zeit deutlich besser vor Ausbeutung und Gewalt geschützt sind als früher und damit unbeschwerter ihren Beruf ausüben können. 22 % denken, dass dem nicht so ist.

Erobella Umfrage zur Sexarbeit
Grafik: Erobella

Und was könnte der Grund dafür sein, dass Prostituierte heutzutage vor Zwang und Ausbeutung besser geschützt sind als früher? Natürlich das Internet.

58 % beurteilen das World Wide Web als maßgeblich dafür, dass Sexarbeiter ihren Job selbstbestimmt und freiwillig ausüben können, indem sie ihre Leistungen bspw. auf Huren-Portalen anbieten.

Gut möglich, dass ein Zusammenhang zwischen Selbstbestimmtheit und Freude am Beruf besteht, auch wenn hierzu in der Umfrage explizit keine Aussage getroffen wurde. Zumindest sind mit 54 % über die Hälfte der Meinung, dass Prostituierte auch Spaß daran haben können, was sie tun.

Über die Hälfte lehnt ein Verbot von Prostitution ab

Sexarbeit ist anders als in Deutschland in vielen europäischen Ländern verboten – beispielsweise in Schweden. Das „nordische Modell”, wie die Form der Kriminalisierung von Prostitution in dem skandinavischen Land gemeinhin bezeichnet wird, stellt allerdings nur einseitig unter Strafe. Bei der Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen begeht nämlich nur der Freier einen Gesetzesverstoß, die Anbieterin, also die Prostituierte, hingegen nicht.

Zwar werden aus Richtung bestimmter Politiker immer wieder Forderungen laut, sich bei der Gesetzgebung auch hierzulande am „nordischen Modell” zu orientieren, allerdings stößt das bei den Menschen auf wenig Gegenliebe. Das zeigt auch die Umfrage, in der 56 % dieses Modell ablehnen – obwohl immerhin 34 % der Teilnehmer die Gesetzeslage für Prostitution als unzureichend beschreiben.

Auf noch größere Ablehnung als das Modell aus Schweden stößt jedoch ein generelles Verbot von Sexarbeit. 58 % halten das für den falschen Weg. Mehr als zwei Drittel (70 %) sind sogar der Meinung, dass ein Sexkaufverbot die Situation von Sexarbeitern weiter verschlechtern würde. Gerade mal 8 % glauben das nicht.

„Nordisches Modell” stößt in ganz Deutschland auf Ablehnung

Das „Nordische Modell” wird von den Befragten also mehrheitlich abgelehnt, doch wie sieht die Auswertung in Gruppen aus? Die Erobella-Umfrage gibt Details preis.

Gruppiert man die Befragten nach Geschlecht, können 62 % der Männer und 50 % der Frauen dem Modell wenig abgewinnen. Lediglich 19 % der Männer und 22 % der Frauen sprechen sich dafür aus.

Ablehnung zum Prostitutionsverbot in deutschen Bundesländern
Screenshot: Erobella.com

Und nach politischem Abstimmverhalten hat das „Nordische Modell” wenig Fürsprecher – quer durch die Anhänger verschiedener Parteien hinweg. Die meiste Ablehnung erfährt es bei Wählern der AFD (63 %) und der FDP (62 %).

Regional könnten sich am ehesten noch die Menschen aus Hamburg (40 %), Mecklenburg-Vorpommern (27 %) und Schleswig-Holstein (27%) ein Prostitutionsverbot nach schwedischem Vorbild vorstellen. In Niedersachsen (66 %) und Sachsen (65 %) ist die Ablehnung hingegen am größten.