Anders als oft vermutet, sind Jugendliche in Deutschland bei ihrem „ersten Mal“ heute älter als noch vor zehn Jahren. Dies ergab ein neue Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Auch zum Thema „Verhütung“ liefert die Untersuchung interessante Erkenntnisse.
Ein Drittel der Jugendlichen war mit 16 das erste Mal sexuell aktiv
Wann haben Jugendliche in Deutschland heute das erste Mal Sex? Mit dieser Frage beschäftigt sich die neue Studie „Jugendsexualität 9. Welle. Repräsentative Wiederholungsbefragung. Die Perspektive der 14- bis 25-Jährigen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), für die rund 6.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 25 sowie ihre Eltern befragt wurden. Die Interviews sind von Sommer bis Herbst 2019 geführt worden.
Ergebnis: Von den Jungen und Mädchen im Alter von 14 gaben gerade einmal 3 und 4 Prozent an, bereits sexuelle Erfahrungen gesammelt zu haben. Von den 15-jährigen Jungen und Mädchen ist der Anteil mit 10 und 13 Prozent schon um einiges höher. Interessant ist, dass 2009 mit 17 und 21 Prozent die Zahl der Jungen und Mädchen, die in diesem Alter schon Sex hatten, noch signifikant höher war.
Bei den 16-jährigen kommt es zu einem deutlichen Anstieg. In dieser Altersgruppe sagten bei beiden Geschlechtern 35 Prozent der Befragten, dass ihr erster Sex bereits hinter ihnen liegt. Bei den junge Männern und Frauen im Alter von 17 gilt das sogar für 64 und 69 Prozent, also für rund zwei Drittel.
Auf Grundlage der Ergebnisse zieht Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA, den Schluss: „Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv werden, bestätigen sich nicht.“
„Warten auf den Richtigen“, „zu schüchtern“ und „zu jung“ als Gründe für die sexuelle Zurückhaltung
Gefragt wurden die Studienteilnehmer auch nach den Gründen, warum noch kein sexueller Kontakt zustande kam. Mit Abstand sagten die meisten Jugendlichen, dass sie erst auf den Richtigen warten (Jungen: 56 Prozent, Mädchen: 54 Prozent).
Ebenfalls sehr häufig genannte Gründe sind Schüchternheit (Jungen: 44 Prozent, Mädchen: 35 Prozent) und ein noch zu junges Alter (Jungen: 33 Prozent, Mädchen: 48 Prozent). Ein religiöses und/oder traditionalistisches Weltbild spielt für das Aufschieben des „ersten Mals“ hingegen bei kaum jemandem eine Rolle. So gaben gerade einmal 4 Prozent der Jungen und 12 Prozent der Mädchen an, dass sie es für falsch halten, vor der Ehe Geschlechtsverkehr zu haben.
Verhütet wird mit Kondom, zur Pille wird weniger gegriffen als früher
Das Nummer eins Verhütungsmittel von deutschen Jugendlichen ist das Kondom. Dies geht aus der BZgA-Studie eindeutig hervor. So gaben mit 77 Prozent fast vier von fünf der Befragten an, beim ersten Sex mit Kondom verhütet zu haben. Demgegenüber kam nur bei 30 Prozent die Pille zum Einsatz. Zum Vergleich: 2014 vertrauten noch 45 Prozent auf die Pille.
Wie ist die Rückläufigkeit der Pille zu erklären? Experten vermuten, dass Mädchen heute mehr als noch vor fünf Jahren Schwierigkeiten haben, die Gesundheitsvertäglichkeit der Pille zu beurteilen.
Erschreckend ist, dass immerhin auch 9 Prozent beim „ersten Mal“ gar nicht oder unsicher verhütet haben. Von den Jugendlichen mit geringerer Bildung gilt das sogar für 20 Prozent. Es liegt also nahe, dass Safer Sex eng mit dem Bildungsstand zusammenhängt.
Sexuelle Aufklärung durch Eltern, Freunde und Schule
Die Studie zeigt, dass Aufklärung in erster Linie im Elternhaus stattfindet – speziell beim gleichgeschlechtlichen Elternteil. So fragen 70 Prozent der Mädchen die Mutter und 45 Prozent der Jungen den Vater über sexuelle Dinge um Rat.
Am zweit- und dritthäufigsten wurden der beste Freund bzw. die beste Freundin (Jungen: 39 Prozent, Mädchen: 49 Prozent) und Lehrer (Jungen: 38 Prozent, Mädchen: 33 Prozent) als Personen der sexuellen Aufklärung genannt.