Neueste Berichte weisen darauf hin, dass die Zahlen der mit Syphilis infizierten Menschen ein Rekordniveau erreicht haben. Experten vermuten einen Zusammenhang zur unkomplizierten Suche nach sexuellen Kontakten über die digitalen Medien.
3.000 mehr Syphilis-Fälle als noch vor rund zehn Jahren
Bei vielen macht sich Syphilis durch unangenehmes Jucken im Intimbereich bemerkbar, andere wiederum haben gar keine Symptome. Doch bleibt die Erkrankung über einen längeren Zeitraum unbemerkt, kann es in jedem Fall – unabhängig vom kurzfristigen Verlauf – zu erheblichen Spätfolgen in Form von schweren Schädigungen wichtiger Organe und des Nervensystems kommen.
Umso alarmierender sind die Zahlen einzuordnen, die die Deutsche STI-Gesellschaft jetzt genannt hat. „Insgesamt kann man sagen, dass Syphilis seit dem Jahr 2000 zunimmt. Damals waren es noch 800 Fälle, heute sind es über 8.000”, erklärt Norbert Brockmeyer, Präsident der STI-Gesellschaft.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) schlägt in eine ähnliche Kerbe. Die Behörde verzeichnet einen Anstieg der gemeldeten Syphilis-Fälle um rund 3.000 in den vergangenen neun Jahren. 5.330 gemeldete Syphilis-Fälle soll es demnach im Jahr 2013 gegeben haben, während es 2022 schon 8.309 waren.
Bei Hepatitis B sind die Fallzahlen sogar noch frappierender: Hier beläuft sich laut RKI-Angaben der Anstieg im gleichen Zeitraum von 715 auf 16.635 Fälle. Kein Wunder also, dass es laut der STI-Gesellschaft eine generelle Tendenz zu mehr Ansteckungen mit STIs (sexuell übertragbare Infektionen) in Deutschland gibt.
Die Zahl der HIV-Neuinfektionen hingegen blieb mit rund 1.800 Fällen jährlich im Vergleich zu den anderen Geschlechtskrankheiten stabil.
Ein Drittel mehr Syphilis-erkrankte Neugeborene in den USA
Aber nicht nur Deutschland hat mit steigenden Syphilis-Zahlen zu kämpfen. Kürzlich erst meldete die Gesundheitsbehörde CDC einen massiven Anstieg der an mit Syphilis infizierten Neugeborenen in den USA. Ganze 3.700 Babys waren im vergangenen Jahr von der Erkrankung betroffen, 32 Prozent mehr als noch 2021.
Die Ansteckung bei Neugeborenen findet über die Plazenta der Mutter statt. Hierbei dringen die Syphilis-Bakterien der infizierten Schwangeren in den Blutkreislauf des Kindes ein. Lässt sich eine werdende Mutter rechtzeitig testen und der notwendigen Behandlung unterziehen, kann eine Syphilis-Übertragung an das Kind womöglich verhindert werden. Die CDC geht gar davon aus, dass ganze 90 Prozent der erkrankten Babys durch frühzeitige Intervention der Mutter während der Schwangerschaft hätten abgewendet werden können.
Mehr Syphilis-Infektionen durch Online-Sexkontakte?
Durch immer leichtere Möglichkeiten – in Form von Sextreff-Seiten und Sexdating-Apps wie Tinder – über die digitalen Medien unverbindliche Treffen zu finden, haben mehr Menschen als noch vor einigen Jahren wechselnde Sexkontakte. Damit steigt auch das Risiko, sich mit Geschlechtskrankheiten zu infizieren, da Kondome keinen hundertprozentigen Schutz bieten.
Wie hoch das Risiko einer Ansteckung konkret ist, hängt allerdings auch von der Gruppe sowie dem Sexuallverhalten, der Partnerzahl und der Testhäufigkeit ab. Silke Klumb von der Deutschen Aidshilfe weist darauf hin, dass in Deutschland beispielsweise unter den Schwulen und Bisexuellen die Zahl der HIV-Infektionen seit 2007 rückläufig ist.
Um die Prävention gegen STIs voranzutreiben, seien laut Brockmeyer intensive Maßnahmen zur Aufklärung in allen Altersgruppen unabdingbar. Denn auch bei den Älteren gebe es Nachholbedarf. Dies würden die hohen Raten bei den 55- bis 60-Jährigen zeigen. Home-Tests für HIV oder Kits zur Selbstentnahme von Proben würden gute praktische Lösungen darstellen.